Lasst uns das Lieben lieber lassen.

Hier ist lange nichts mehr passiert. In meinem Leben aber umso mehr. Das ganze letzte Jahr war für mich eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Und ich frage mich gerade, teile ich diese Gefühle mit euch oder behalte ich sie lieber für mich?

Vielleicht vorweg: Ich bin ein absoluter Gefühlsmensch. Alles was ich tue, passiert aus einer inneren Intuition. Ich fühle einfach, ob es richtig ist, oder nicht. Meine Gefühle sind meine absolute Superpower und größte Schwäche zugleich, denn sie lassen mich entweder leidenschaftlich, impulsiv, entschieden, kreativ, selbstsicher, begeisterungsfähig und stark sein aber auch zerbrechlich, unsicher, leise, überfordert und alleine fühlen. Sie leiten mich und geben mir Kraft, können mich aber auch blockieren und komplett aus der Bahn werfen. Und ja, manche lenken sich dann ab und verdrängen. Ich kann aber meine Gefühle nicht einfach ausblenden und die Gedanken in meinem Kopf beiseite schieben. Das funktioniert nicht. Wenn ich traurig bin, trete ich den Rückzug an und verkrieche mich so lange, bis ich wieder heile oder jemand sich die Mühe macht, mich mit ein bisschen Zeit und dem nötigen Einfühlungsvermögen wieder aus meinem eigenen Schutzwall zu locken. Und manchmal, wenn der Schmerz aus Verlust, Enttäuschung und Vermissen wieder schlimm ist und schmerzt, frage ich mich, ob es eher ein Fluch oder ein Segen ist, so stark empfinden zu können.

Wäre ein Leben ohne starke Gefühle und die Fähigkeit so sehr zu lieben also einfacher?

Denn es kickt hart, wenn die Vergangenheit einen einholt und ihre Spuren hinterlässt. Wir alle tragen unsere Geschichte in uns und sie hinterlässt Narben. Denn was passiert mit uns, wenn man merkt, dass jemand, der perfekt in dein Herz gepasst hat, ein großes, klaffendes Loch hinterlässt. Wenn man aus Angst vor erneuter Verletzung eine Mauer gebaut hat? Wenn man niemanden mehr so richtig in sein Leben lässt? Wir isolieren uns. Wir versuchen unsere Gefühle zu verdrängen und sie nicht mehr so nah an uns ran zu lassen. Wir funktionieren und machen vieles nur noch mit uns alleine aus. Man hat auch ehrlich gesagt keine Lust mehr. Wieder neu daten, Kennenlernen, Gefühle investieren und wieder enttäuscht werden. Das ist frustrierend und wir resignieren. Und ich stelle mir die Frage: Ist das richtig? Sollten wir uns anderen Menschen nicht mehr öffnen? Sollten wir uns nur noch auf uns selbst verlassen? Sind wir dann weniger verletzlich? Ist Oberflächlichkeit der Schlüssel zum Glück? Oder lässt uns die Angst vor dem Schmerz und der Enttäuschung nur verpassen, wie es sich anfühlt, wieder richtig zu lieben. Ist dieses Gefühl es nicht wert, das Risiko einzugehen? Vielleicht sollten wir uns einfach mal trauen, könnte ja gut werden.

Warum die schönsten Worte nicht “Ich liebe dich” sind.

Für die einen die schönsten und bedeutendsten Worte der Welt, für andere ein Overkill an Kitsch und Schmalz. Aber was steckt eigentlich dahinter? Was Liebe bedeutet, haben schon viele Wissenschaftler und Philosophen versucht zu erklären. François Lelords zum Beispiel mit Hectors Reisen. Sehr zu empfehlen übrigens, wenn man keine Angst vor erheiternder Selbstreflexion hat. Aber eigentlich kann man es gar nicht erklären, eigentlich kann man es vor allem spüren. Tief im Herzen. Ich habe es gerade eben erst gefühlt. Gerade, als ich meine große Tochter (sie ist jetzt 5) ins Bett gebracht habe. Wie immer fragt sie mich ganz lieb, ob ich noch bei ihr bleibe und es ist schon Tradition, dass ich mich noch zu ihr ins Bett lege bis sie eingeschlafen ist. Manch einer mag das als “verwöhnen” und “verhätscheln” abtun, aber ich liebe diesen kleinen Moment, den wir wirklich nur für uns beide haben. Sie rutscht auf der nicht gerade breiten 90 cm Matratze ganz zur Seite und ich lege mich mit dazu. Wir kuscheln uns beide unter die auch nicht gerade breite Decke, ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn und streiche ihr die Haare aus dem Gesicht. Dann nimmt sie mich meistens in den Arm und schläft ein. Heute haben wir zum Einschlafen Musik gehört. Es lief “Geboren um zu leben”. Eigentlich ein Lied, das immer nebenbei lief und nie wirklich Beachtung von mir bekommen hat, aber heute lag da meine Tochter neben mir und ich hatte Zeit, dem Text zu lauschen. Ich bin dankbar für jede einzelne Sekunde, die wir gemeinsam verbringen. Und ich bin so unendlich froh, dass wir eine so feste Bindung haben. Das war nicht immer so. Es gab eine Zeit, da hat sie mich wirklich in den Wahnsinn getrieben. Wutanfälle waren da an der Tagesordnung und sie war schon immer sehr sensibel. Es musste quasi nur die Gabel nicht am richtigen Platz liegen, schon hatte ich stundenlanges Geschrei. Ist sie nachts wach geworden, durfte ich tragen und an Ablegen war nicht zu denken. Das waren harte Nächte und viele Kämpfe, die ausgetragen wurden. Aber warum kämpft man so hart gegen sein Kind an? Weil man meint, es müsse sich unseren Vorstellungen einer funktionierenden Welt anpassen? Weil wir den Grund für den Wutanfall als absolut übertrieben und nicht gerechtfertigt ansehen? Warum? Was zeigen wir unserem Kind damit? Doch nur, dass wir es in seinen größten Ängsten und Gefühlen nicht verstehen wollen, sondern ihm nur ein Verhalten aufzwingen, welches unsere Gesellschaft als richtig ansieht. Als richtig für ausgewachsene erwachsene Menschen aber doch sicher nicht in den Köpfen unserer Kinder. Was ist da bitte richtig und falsch? Richtig finde ich vor allem, dass wir für unsere Kinder da sind und sie das Gefühl haben, verstanden zu werden, das Gefühl, nicht alleine zu sein. Und das habe ich damals gelernt. Ich habe alle Vorurteile verbannt und meinem Kind zugehört. Erst so konnte ich erkennen, wieviele Gedanken sie sich wirklich macht. Welche Ängste sie durchlebt und warum sie deshalb manchmal so sehr übertrieben reagiert. Heute ist sie ein so wahnsinnig mitfühlender Mensch. Sie reflektiert das Verhalten der Menschen um uns herum und öffnet mir immer wieder die Augen für das nicht Offensichtliche. Und am liebsten würde ich es in die Welt herausschreien: Ich liebe dich! Du Sonnenschein. Aber ganz ehrlich? Das sind nicht die schönsten Worte der Welt. Denn stellt euch nur mal vor, ich hätte mich weiterhin so ignorant ihren Gefühlen gegenüber verhalten? Hätte auf alle anderen aber nicht auf sie gehört. Dann könnte ich jetzt zwar sagen “Ich liebe dich!” aber ich wüsste nicht, ob sie das gleiche fühlen würde. Ob unsere Bindung so stark wäre, wie sie jetzt ist. “Ich liebe dich” flüstere ich meiner Tochter ins Ohr. Und ja, es sind starke und schöne Worte, keine Frage. Aber the Winner is: Ich liebe dich auch! Denn erst dann kann man von gegenseitiger Liebe sprechen. Die einzig wahre, erwiderte Liebe. Eine Liebe, die dem ganzen Bösen dieser Welt den Mittelfinger zeigt. Ein “Ich liebe dich” ohne “Ich dich auch” kann einem das Herz brechen. “Ich liebe dich auch” säuselt meine Tochter als Antwort. Ihren Arm hat sie noch immer fest um mich gelegt.

Richtfest, Richtkranz und meine DIY Ambitionen.

Hey ihr Lieben,

das Richtfest liegt jetzt auch hinter uns und ich bin ganz schön froh, dass jetzt wieder ein kleiner Meilenstein geschafft ist. Natürlich habe ich vorher tausend Dinge gegoogelt von Richtfestessen, über Richtfestkranz bzw. Richtkranz und Richtfesteinladung. Da ich am liebsten immer alles selbst mache, sollte es natürlich dieses mal auch mit besonders viel Liebe gestaltet werden. Man baut ja schließlich nur einmal (Gott wie oft habe ich diesen Satz gehört). Und falls es euch interessiert werde ich euch mal berichten, wie wir es jetzt letztendlich umgesetzt haben.

Zur Richtfesteinladung:

Hier wollte ich gerne selbst etwas gestalten und dann als Karte persönlich übergeben. Wir bauen hier auf dem Dorf und somit finde ich, gehört es sich so, dass man zumindest die ganze Straße einlädt. Außerdem sollten noch die am Bau beteiligten Handwerker und Firmen eingeladen werden, der Architekt, Freunde und natürlich Familie. Eigentlich hatte ich vor, bunte Bändchen an die Karte zu knüpfen in Anlehnung an den Richtkranz aber da am Ende dann doch alles hoppla di hopp ging und kaum noch Zeit blieb (Zimmermann sagte “Nächste Woche Freitag ist Richtfest!!!” Wuaaahhhhhh!!!!!!) wurde es dann doch ein spontanes Word Design. Aber ich finde für die Umstände ist es dann doch ganz hübsch geworden. Schaut mal selbst:

richtfest_einladung

Das Richtfestessen:

Hier wollten wir erst einen Caterina-Service engagieren aber bei der Masse an Menschen wäre das super teuer geworden und irgendwie finde ich, gehört es sich so, dass man für seine Gäste auch selbst was zaubert. Wir haben lange hin und herübergebt, was wir anbieten möchten und haben uns bei diesem Sommer und den Temperaturen eigentlich erstmal gegen die typische Gulaschkanone entschieden. Schließlich fiel unsere Wahl auf Bockwürstchen, Mini-Schnitzel, Frikadellen, Nudelsalat, Kartoffelsalat, auf einen grünen Salat, Kuchen und natürlich Getränke wie Wasser, Cola, Saft, Fanta, Bier, Sekt und alkoholfreien Sekt. Schwiegermama hat aber dann doch noch einen Kesselgulasch mitgebracht und das war auch gut so, denn der Topf war am Ende leer. Mit zwei Kochplatten die kurzerhand an den Baustrom angeschlossen wurden, konnten wir das Ganze vor Ort auch ganz gut warm halten. Dazu gab es noch jede Menge Pappteller, Becher und Besteck, wobei ich welches nehmen wollte, dass biologisch abbaubar ist. Ist ja doch sonst ganz schön viel Müll. Tja und als Dekoration gab es Blumen und frisches Obst. Johannisbeeren, Erdbeeren, Blaubeeren und ein paar Schokiriegel auf den Tischen.

Der Richtkranz:

Fast meine Lieblingsgeschichte. Denn nachdem ich einige You-Tube Tutorials gesehen hatte, wie man einen Richtkranz selber bindet, hab ich mir das auf jeden Fall zugetraut. Also kurzerhand bei Amazon einen Holzhoolahoop bestellt mit 80 cm Durchmesser, 10 cm breite Satinbänder in vielen bunten Farben und 3x Blumendraht. Als ich dann beim Blumenladen nach Grünzeug fragte, bekam ich nur eine miesepetrige Antwort, dass sie nur ganze Richtkränze verkaufen würden und ob ich denn überhaupt wüsste wie sowas geht und dass nur echte Profis sowas könnten. Ich habe gesagt, dass es für mich etwas ganz besonderes ist, den Kranz zu binden und dass ich da natürlich auch ganz besondere Vorstellungen habe. Egal, dachte ich mir. Grünzeugs kriegste auch woanders her. Also die Schwiegereltern angerufen und prompt gab es 2 Säcke voll mit Koniferengrün frisch geschnitten.

richtkranz_selbermachen

Meine Konstruktion sah dann folgendermaßen aus: Holz Hola Hoop an 4 Stellen mit einem dickeren Naturfaserseil verknotet, so dass man den Kranz gleichmäßig hochheben konnte, Zeitungspapier geknüllt und mit Klebeband drum gewickelt und dann das Grünzeug mit Blumendraht umwickelt. Am Ende habe ich noch die breiten Satinbänder befestigt und die Enden bestimmt jeweils 2 Meter lang hängen lassen. Der Kranz sah sooo schön aus und wir konnten es kaum erwarten bis er aufgehängt wurde.

Schließlich war es dann soweit und alle Nachbarn strömten um 13 Uhr zu uns aufs Grundstück. Es war ein super mega windiger Tag und unsere Pavillons drohten wegzufliegen aber trotzdem schien die Sonne und alle waren bestens gelaunt. Wir bekamen ganz viele Glückwünsche und Blumen und Baumarktgutscheine und wir haben uns da riesig drüber gefreut. Aber am schönsten war wirklich, dass so viele gekommen sind und diesen Tag mit uns zusammen verbracht haben. Bei der anschließenden Hausführung mussten wir dann noch erklären warum wir so viele Fenster haben und warum wir eine Stufe wollten – das hat dann der Ehegatte immer schnell auf mich abgeschoben. Wie sieht denn eure Richtfestplanung so aus? Oder habt ihr das auch schon hinter euch? Erzählt mal!

 

Wutanfälle DIY

Heute zeige ich euch, wie man Wutanfälle bei Kleinkindern ganz leicht selber machen kann. Die meisten Heul- und Kreischanfälle sind nämlich hausgemacht – und das ganz ohne besonderes Rezept. Warum ich darüber schreibe? Heute war wieder so ein Tag, an dem wirklich ALLES irgendwo runterfällt, beide Kinder parallel schreien und einfach an jeder noch so kleinen Kante ein riesen Aua inklusive Geheule entsteht. Das Einzige was am Ende des Tages dann aber wirklich weh tut ist, wenn man sein Kind vor lauter Stress eigentlich ungewollt angemeckert hat und das Ganze mal wieder in einen riesen Streit ausgeartet ist. Dabei will man ja gar nicht streiten. Man will doch am liebsten, dass alles harmonisch ist – fast ein bisschen wie im Bilderbuch oder in dieser perfekten Kinderserie über das kleine Mädchen mit der roten Schleife im Haar, die einfach immer lieb ist und jeden Tag tolle Abenteuer mit ihrer Familie erlebt. Eigentlich müsste man diese Sendung mal neu vertonen, um ihr mehr Authentizität zu verpassen. Das wär ein Spaß!!!

Meine Große ist jedenfalls alles andere als einfach und umgänglich. Schon als Baby durfte ich sie nicht in eine Wiege legen. Die Flasche wurde angebrüllt und wenn man sich erdreistete nach 40 Minuten schunkeln auf dem Arm langsam in die Sitzposition zu gleiten, wurden die müden Augen direkt wieder aufgerissen und der Sirenenartige Schreiton setzte wieder ein. Das zog sich fort bis ins Trotzalter. Erst letzte Woche haben wir eine halbe Stunde sitzend auf dem Bürgersteig verbracht, weil Gräfin Maritza mit ihren 3 1/2 Jahren nicht mehr laufen, ich sie aber auch nicht tragen wollte – und auch nicht konnte – im Kinderwagen lag schließlich Töchterchen Nr. 2. Der Weg vom Kindergarten nach Hause ist übrigens nicht länger als 100 Meter. Auch ihr bester Freund wurde geärgert, wo es nur geht. “Du darfst hier nicht rein!”, “Geh weg!!!”, “Du bist doof!” waren nur einige der Sprüche, die der treue Begleiter meiner Tochter zu hören bekam, während sie ihn nach Lust und Laune auch gerne mal schubste oder zornig nach ihm haute. Gott, war mir das unangenehm. Als mich dann aber die Mutter des Jungen fragte, ob ich das Verhalten nicht mal abklären lassen wollte, überkam mich ein riesiger Schutzinstinkt. War meine Tochter denn so verkehrt? Das wollte ich nicht wahrhaben, zumal ich dieses ganze Ergo-Therapie-Gedöns eh innerlich belächelte. Trotzdem nagte der gut gemeinte Hinweis an mir und so beschäftigte ich mich mehrere Abende mit dem Thema im Internet. Ich wälzte Bücher und las mich in Foren ein um dann tatsächlich mal etwas ganz Neues auszuprobieren. 100% Verständnis! Bisher hatte ich meine Tochter immer nur dafür gerügt, wenn sie ein Verhalten an den Tag legte, welches meiner Ansicht nach nicht Regelkonform war. Für mich gab es einfach nie einen Grund so sehr auszurasten und daher habe ich ihr bisher auch nie Verständnis entgegen gebracht. Von mir hörte sie nur Sätze wie “Wenn du nicht aufhörst, dann gehen wir eben nach Hause!” oder “Sag mal spinnst du, man haut doch keine anderen Kinder!”

Nicht ein einziges mal habe ich mich in sie hineinversetzt und auch nur versucht zu verstehen, was gerade in ihr vorgeht. Warum eigentlich nicht? Vielleicht weil alle um einen herum von Eltern erwarten, dass sie ihrem Nachwuchs die Werte und Normen der Gesellschaft vermitteln und sich mit einer gewissen Strenge durchzusetzen haben, wenn das Kind nicht direkt spurt. So wie es früher eben war. “Da hatten die Kinder nämlich noch Respekt vor Mama und Papa”. Ich nahm mir vor, mich von den anderen nicht unter Druck setzen zu lassen und einfach mal auf mein Kind zu hören. Einen Versuch war es jedenfalls wert, so dachte ich. Also begann ich den nächsten Tag mit einer Extraportion Verständnis. Das liebe Kind wachte auf, wackelte zum Frühstückstisch und fing direkt an, hysterisch rumzukreischen. Statt jetzt sofort wieder zu schimpfen, fragte ich ganz ruhig, was denn nicht stimme. Mein Kind kreischte noch lauter und man verstand kein einziges Wort. Ich blieb ruhig und fing an zu raten: “Wolltest du ein großes Messer haben?”, “Möchtest du keine Milch trinken?”, “Ist der Teller falsch?” und jedes Mal, wenn ich falsch geraten habe, kreischte meine Tochter noch lauter. Es war tatsächlich kurz vorm totalen Wutanfall. Eine Szene, in der ich sie meistens wütend in ihr Zimmer geschickt hätte. Aber ich blieb ruhig. “Wolltest du dein Brötchen selbst aus der Tüte holen?” Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, fiel die ganze Anspannung von meiner Tochter ab. “Jaaaa!” entgegnete sie mir traurig und schuchzend aber überaus erleichtert, dass jemand sie verstanden hatte. Ich tröstete sie und erklärte ihr, dass das alles gar kein Problem sei und sie mir immer sagen kann, wenn sie was stört und meistens lässt sich das Problem dann ja auch lösen. Der Wutanfall blieb aus und der Morgen war direkt etwas entspannter als sonst. Am Nachmittag spielten sie und ihr bester Freund zusammen auf einem Klettergerüst. Plötzlich hörte ich sie kreischen und blickte zur Hängebrücke. In dem Moment holte sie aus und haute ihren Freund auf den Arm. An jedem anderen Tag wäre ich hingerannt und hätte sie beiseite genommen, um mit ihr zu schimpfen – aber diesmal ging ich ganz besorgt zu ihr hin, nahm sie auf den Arm und fragte sie, was denn los sei. Ob sie sauer wäre? Ob der Junge irgendwas gemacht hätte, was sie nicht wollte? Und siehe da, meine kleine Große erzählte mir tatsächlich, was sie bedrückte. “Ich wollte zuerst!”. Zum ersten Mal konnte sie sagen, warum sie so wütend war und rastete nicht gleich aus. Ich setzte mich mit ihr hin und tröstete sie, anstatt mit ihr zu schimpfen wie sonst immer. Nach 2 Minuten war alles wieder ok und sie entschuldigte sich sogar bei ihrem Kumpel.

Was ich daraus gelernt habe? Manchmal erwarten wir einfach viel zu viel von unseren Kleinen. Wir messen sie an unseren eigenen Verhaltensweisen und ärgern uns, wenn sie sich noch nicht dementsprechend verhalten. Und während wir versuchen die ganzen Regeln in sie “reinzuerziehen”, vergessen wir ganz, ihnen einmal zuzuhören. Manchmal fühlen sich unsere Kinder einfach nur missverstanden und daraus resutiert dann ein gewaltiger Wutanfall.

Ok, das soll jetzt allerdings nicht heißen, das man ab sofort alles durchgehen lassen muss und die kleinen Monster sich alles erlauben dürfen. Nur kann man es ihnen viel einfacher erklären, wenn sie das Gefühl haben, dass Mama und Papa ihre Ängste und Sorgen verstehen. Erst dann öffnet sich die Schranke in ihrem Gehirn, die zulässt, sich mit dem eigentlichen Konflikt auseinanderzusetzen. Und erst dann löst auch ein “Nein” nicht direkt einen Wutanfall aus.

Jetzt denkt aber bitte bloß nicht, dass ich es schaffe, jeden Tag die perfekt einfühlsame Mutter zu sein. Natürlich gibt es auch Phasen, da ertappe ich mich immernoch bei “Wenn du jetzt nicht sofort aus der Badewanne kommst, dann kommen die Badetiere alle in den Müll!”. Das ist pure Erpressung, sagt ihr jetzt bestimmt! Richtig! Funktioniert manchmal aber eben auch ganz gut. Heute war jedenfalls wieder so ein Tag, an dem ich kurz davor war, mein Kind so richtig anzumotzen, weil die kleine Rotzgöre meine Geduld mal wieder bis aufs Äußerste gereizt hat. Stattdessen hab ich mir die längste Praline der Welt geschnappt, tief eingeatmet und bin ruhig und verständnisvoll geblieben. Dafür durfte ich beim ins Bett bringen dann sogar hören: “Mama, ich hab dich sooo lieb!”

Eine verständnisvolle Woche wünscht euch,

eure mimymama